Ganz sicher – Vertrauen ist eine wichtige Voraussetzung für ein gutes Miteinander. Nur mit Vertrauen zueinander haben Mitarbeiter den Mut, auf Schwierigkeiten hinzuweisen, offen eigene Sichtweisen einzubringen, quer zu denken, gegebenenfalls auch einer Autorität zu widersprechen.
Dennoch ist Vertrauen nicht „der Anfang von allem“, wie es eine systemrelevante deutsche Bank einmal in ihrer Werbung formulierte, sondern Vertrauen ist die Konsequenz von etwas, und Vertrauen braucht meist erhebliche Zeit um zu entstehen und zu wachsen.
Die Lektüre in dem wertvollen Buch „The Trusted Advisor“ von David H. Master führte mich vor kurzem einmal wieder zu Maister’s „Trust Formula“.
Diese beschreibt, was Vertrauenswürdigkeit ausmacht, wie Vertrauen entsteht und was seine Einflussfaktoren sind.
In der klugen Formel steht im Zähler eine durch Pluszeichen verbundene Folge von 3 Elementen:
Glaubwürdigkeit, im Sinne von: Was er/sie sagt, das stimmt und ist richtig
Zuverlässigkeit mit der Bedeutung: Was er/sie zusagt, das wird eingehalten
Vertrautheit: Mit ihm/ihr fühle ich mich wohl, über vieles, auch Vertrauliches, zu sprechen
Dabei geht es bei der Glaubwürdigkeit vor allem um Worte, bei der Zuverlässigkeit vor allem um Taten, und bei der Vertrautheit vor allem um das Gefühl.
Die Summe aus diesen „Vertrauens-Bausteinen“ macht die positiven Elemente der Vertrauenswürdigkeit aus. Und alle entstehen nicht auf die Schnelle, sondern durch wiederholte positive Erfahrungen.
Im Nenner steht dann jedoch eine Größe, die in der Lage ist, recht schnell alle obigen Punkte zu schrumpfen: die Selbstbezogenheit.
Eine große Selbstbezogenheit habe ich, und damit verringert sich über die Formel meine Vertrauenswürdigkeit stark, wenn ich den Eindruck erwecke, dass es mir vor allem um meine eigenen Interessen geht. Offensichtlich ist dies, wenn es um eigene Geschäftsinteressen geht.
Aber es gibt auch ganz andere, psychologisch subtilere Ausprägungen – z. B. der Wunsch, Recht zu behalten oder intelligent zu wirken. Auch, wenn wir offensichtlich die Geschichte oder das Anliegen unseres Gegenübers durch unsere eigene Brille sehen, mit unseren Erfahrungen vergleichen und daraus eilig Urteile und gute Ratschläge ableiten. Oder, eine feine, aber übergriffige Art der „Hilfestellung“, die Sätze unseres Gegenüber für ihn beenden, ohne großes Nachdenken auf Problemlösungen für ihn springen und sowohl Gesprächspausen füllen als auch das letzte Wort für uns beanspruchen.
Diese Selbstbezogenheit gilt es, in den Griff zu bekommen. Wenn es uns gelingt, die Anliegen unseres Gegenübers zu unserem Anliegen zu machen, mit ihm zu sprechen wie mit einem Freund, ein Stück weit Verantwortung für seinen künftigen Erfolg zu übernehmen, dann bleibt der Nenner der Formel klein, unsere langfristigen Investitionen für Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und Vertrautheit können sich auszahlen in einer insgesamt hohen Vertrauenswürdigkeit. Vertrauen entsteht langsam, ist aber schnell zerstört.
Fast überflüssig zu erwähnen, dass diese Mechanismen gegenüber Mitarbeitern ebenso wirken wie gegenüber Kunden, Kollegen, Vorgesetzten, privaten Bekannten oder Familienangehörigen.
Schon der Altmeister der Management-Philosophie Peter Drucker sagte: „Heute werden Unternehmen nicht mehr auf Zwang aufgebaut, sondern auf Vertrauen.” ! Vertrauen ist fragile und entsteht langsam, ist schnell zerstört und erfordert eine sehr hohe menschliche Integrität., d.h. alle müssen an sich arbeiten und das in sie gesetzte Vertrauen täglich neu „beweisen“. Eine sehr hohe Anforderung aber es geht wahrscheinlich nicht anders.