Gute und effektive Menschenführung ist erlernbar. Wie ein Musikinstrument, eine Fremdsprache oder eine Sportart.
Was man nicht lernen kann, ist ein grundlegendes Interesse an Menschen und ihren Belangen, ihrer Entwicklung und ihren Sorgen.
Dass der Bedarf groß ist erkennt jeder, der mit Geführten spricht, der Fluktuationszahlen analysiert und Zufriedenheitsbefragungen von Mitarbeitern liest (Gallup & Co.).
Aber auch die Führenden selbst räumen ein, dass sie sich nicht selten überfordert, unsicher oder ratlos fühlen angesichts ihrer Aufgabe.
In ihrem neuen Buch (The extraordinary power of Leader Humility) bringt Marilyn Gist eine Reihe von Statistiken, nach der z. B. Leadership von 42% der Führenden im amerikanischen Mittelstand (51-500 Mitarbeiter) als die größte Herausforderung angesehen wird.
Es sind gar nicht so viele Dinge, die ein Führungsmensch richtig zu tun hat.
Im Gegenteil, es sind wenige „strategische“ oder große, und es sind viele kleine im Laufe des Job-Alltags. Beginnen wir mit den großen.
Marilyn Gist bringt es wunderschön auf den Punkt. Sie sagt, Mitarbeiter stellen explizit oder (meist doch) implizit ihrem Vorgesetzten drei Fragen, die es glaubwürdig zu beantworten gilt:
- Wer bist du? – Was sind deine Werte, deine Agenda, deine Persönlichkeit? Vielleicht auch deine Schwächen – und wie willst du damit umgehen? Wie integer bist du, hast du dein Ego im Griff?
- Wohin gehen wir? – Was ist der Plan, die attraktive Zukunftsvision, der Weg, auf den wir uns machen – und warum? Gibt es eine ethische Strategie, für die ich mich einsetzen möchte?
- Siehst du mich? – Nimmst du mich mit und nimmst du mich ernst, beziehst du mich ein, interessierst du dich für mich und meine Entwicklung?
Diese Fragen hat der Führungsmensch zu beantworten – eindeutig, widerspruchsfrei und kontinuierlich, mehr durch Taten als durch Worte. Und wenn er das noch nicht kann, hat er Hausaufgaben zu machen.
Daneben sind es die vielen kleinen Dinge, die insbesondere das Vertrauen des Mitarbeiters gewinnen bzw. im Zeitablauf rechtfertigen und damit die Verbindung stärken:
- Einen guten Morgen wünschen und es auch tatsächlich so meinen.
- Wenn ich den Mitarbeiter frage wie es ihm geht, danach seiner Antwort auch wirklich zuzuhören.
- Einen offensichtlich kranken Mitarbeiter heimschicken, auch wenn er am Nachmittag für eine wichtige Aufgabe benötigt wird.
- Gemachte Zusagen einhalten, und zwar immer. Und nicht mehr versprechen, als ich halten kann.
- Dafür sorgen, dass der Mitarbeiter sich sicher fühlt, seine Sorgen und Bedenken ohne Risiko auszusprechen.
- Sicherstellen, dass wichtige Vereinbarungen gleich verstanden werden und keinen Raum für Spekulation und Interpretation beinhalten.
- Ehrlich sein, und zwar umfassend. Und wo ich dies nicht kann, es adäquat ansprechen.
Sie sehen, worum es geht. Dies alles ist erlernbar, es erfordert Übung und Erinnerung. Das gilt genau so wie für jeden Konzertgeiger, Handwerker oder Fußballprofi auch.
Es zu lernen ist eine fantastische, wertvolle, außerordentlich nutzbringende und manchmal auch vergnügliche Reise. Menschlich, mit Zweifeln und Rückschlägen, mit Erfolgen und Frustrationen.
– Nehmen Sie es ernst und bleiben Sie dennoch locker! Und fragen Sie Ihre Mitarbeiter doch mal, was sie sich mehr von ihnen wünschen!
Die Punkte klingen einfach und selbstverständlich. Aber auf die konsequente und tägliche Umsetzung, auch unter Stress, kommt es an. Das erfordert Übung und Selbstbeobachtung.