Wenn ich alles, was ich in den letzten 25 Jahren über Führung und Zusammenarbeit gelernt habe, aus eigener Erfahrung (beide Seiten, Führungsmensch und Geführter), in Weiterbildungen, Seminaren und aus Büchern sowie in der jahrelangen Arbeit mit Kunden, in zwei Worten zusammenfassen sollte, wären dies die beiden Begriffe Klarheit und Einfühlung.
„Clear is kind“, heißt es zum Begriff der Klarheit bei Brené Brown. Eine Aussage, die in mehrerlei Hinsicht richtig ist. Klar zu sein in den eigenen Aussagen sowie in der eigenen Haltung, den Gegenüber wissen zu lassen „woran er ist“, ist ein Geschenk. Dies kann zuweilen einen ordentlichen Schritt aus der eigenen Komfortzone erfordern, wenn es darum geht, dem Anderen eine Botschaft zu übermitteln, die dieser nicht gern hört.
Klarheit ist auch Transparenz, das Bemühen, ein objektives, umfassendes und unverfälschtes Bild von etwas zu geben oder zu bekommen. Hier geht es immer wieder darum, Fakten in den Vordergrund zu rücken, sie von Interpretationen – wir Menschen sind Beurteiler, Meinungsmacher und Storyteller! – sauber zu trennen, und sich um ein möglichst vollständiges Bild dieser relevanten Fakten zu bemühen. Zum Beispiel, indem ich mir über die Begrenztheit meiner Perspektive bewusst bin und bereit bin von anderen weitere „Zahlen, Daten, Fakten“ zu lernen.
Klarheit heißt auch Präzision im Ausdruck, saubere Verwendung von Begriffen und eine verständliche sowie adressatengerechte Kommunikation.
„Ist allen klar…?“ ist somit eine entscheidende Frage, die Führende sich selbst und ihrem Team häufig stellen sollten. Klar, wohin wir gehen? Klar, was ich von dir erwarte? Klar, wie wir miteinander umgehen wollen? Klar, was uns gemeinsam wichtig ist? … etc. etc.
Einfühlung ist für mich der zweite entscheidende Begriff, ohne den Klarheit kühl, autistisch und unverbunden bliebe. Einfühlung bedeutet in diesem Kontext für mich viel mehr als Mitgefühl mit dem (negativen) Erleben eines anderen. Das wäre die rein emotionale Ebene. Einfühlung, oder auch Empathie, möchte ich definieren als die Stärke (denn es ist nicht einfach!), die Absichten, die Sorgen und die Situation eines anderen zu verstehen und nicht wertend anzunehmen; sie also nicht zu be- oder verurteilen oder diesem Menschen das Gefühl zu vermitteln – und dafür reicht manchmal eine hochgezogene Augenbraue – das etwas „falsch“ ist an dem, was er denkt, was ihn bewegt, was ihm wichtig ist.
Absichten, Sorgen und Situation stehen für das, wo mein Gegenüber dafür ist, dagegen ist und darin ist. Diese drei Elemente (erstens) verstehen zu wollen, (zweitens) anzuerkennen und (drittens) nach Möglichkeit zu berücksichtigen, ist ein enormer Grad von Wertschätzung.
Wir drücken damit aus: Du interessierst mich. Du darfst so sein, denken, tun. Du bist wichtig und daher will ich das, was dir wichtig ist, berücksichtigen. Den letzten Satz könnte man auch umformulieren in: Weil es dir wichtig ist, ist es nun auch für mich bedeutsam.
Wer diese einfühlende Haltung praktiziert, der kommt in wertschätzende Verbindung mit den Menschen in seinem Umfeld, bezieht andere aktiv ein, ist bereit, durch echtes Zuhören Neues zu lernen und Wege zu suchen, auf denen alle gern gehen wollen.
Fragen Sie sich:
Wie sorgen Sie selbst für Klarheit? Wie Fakten-hungrig sind Sie? Sehen Sie den relevanten Fakten ins Auge?
Wie ehrlich bemühen Sie sich um Einfühlung, wie positiv neugierig sind Sie auf das, was andere bewegt?