Im US-amerikanisch geprägten Raum wurde vor wenigen Tagen Thanksgiving gefeiert. Ähnlich wie Weihnachten, ist dies ein sehr kommerzielles Fest geworden, dem der „Black Friday“ folgt, der Haupt-Shopping-Tag des Jahres, aus dem sich wiederum mittlerweile eine ganze „Black Week“ entwickelt hat, mit Sonderangeboten und „einmaligen“ SALES-Möglichkeiten, für alle die, denen ein einziger Tag nicht genügend Geld aus der Tasche lockt.
Dennoch ist Thanksgiving auch ein Tag der Zusammenkunft von Familien und Freunden, ein Tag des guten Essens und Trinkens, und im besten Fall auch der Besinnung und Dankbarkeit.
„Thanks-Giving“, also Danke sagen, Dankbarkeit ausdrücken, ist eine alte und wunderschöne Tradition. Im christlich-katholischen Umfeld kennt man den „Erntedank“-Tag, an dem die Menschen Dank sagen für das, was ihnen die Natur, in Verbindung mit ihrer eigenen Arbeit auf den Feldern, beschert hat. Mit unserer zunehmenden Entfernung von der Feldarbeit und der jederzeitigen Verfügbarkeit praktisch aller Lebensmittel im Supermarkt, hat dieser Tag für uns stark an Bedeutung verloren.
Generell ist Dankbarkeit eine Eigenschaft, die man bewusst gewinnbringend kultivieren kann. Die regelmäßige Reflexion darüber, für was man dankbar ist, wird von Psychologen, Coaches und Philosophen empfohlen. Ein „Dankbarkeitstagebuch“, täglich fortgeführt, ist das Instrument der Wahl, um die eigene Stimmung und Lebenszufriedenheit anzuheben, so lehrt uns die Positive Psychologie.
Danke sagen, „Thanks-Giving“, ist aber auch eine wertvolle zwischenmenschliche Tradition, die leider gegenüber der Kommerzialisierung und dem frühwinterlichen Kaufrausch, etwas in die Defensive geraten ist. Und wie oft ist (Über-)Konsum die Kompensation für innere Leere? Aber das ist ein anderes Thema….
Ein Freund aus der Ferne, der sich zur Zeit auf einem noch anderen Erdteil aufhält, hat den Thanksgiving-Tag genutzt, mir in einer Sprachnachricht mitzuteilen, wofür er in unserer Freundschaft dankbar ist. Dies kam für mich unerwartet und meine Freude darüber war riesengroß. Hey, das was ich dort einbringe und was mir an Werten wichtig ist, wird gesehen und wertgeschätzt, wie schön!
Es hat mich zum Nachdenken gebracht – über mein eigenes Verhalten, über diese mit der Zeit gewachsene Freundschaft, und darüber, was ich von und an diesem Freund besonders schätze. Zunächst kam ich auf Warmherzigkeit und tiefsinnige Aufmerksamkeit. Dann wurde mir klar: Er hat die Fähigkeit, das Beste im Gegenüber zu sehen (mehr als man selbst es sieht!) und dadurch auch das Beste hervorzubringen. Was für eine wunderbare Gabe! Und wie schön, ihm dies zurückspiegeln zu können.
Wofür sind Sie dankbar, bei Ihren Nächsten, Freunden, Kollegen, Mitarbeitern? Vielleicht ist es gerade jetzt, in dieser nicht ganz einfachen Phase, Zeit für ein paar wertvolle Gedanken dazu, die dann auch ausgedrückt werden wollen?