An dieser Stelle habe ich immer wieder über „Führungskräfte“ geschrieben. Und je mehr ich diesen Begriff verwandte, desto fremder wurde er mir, desto technischer, kälter, unmenschlicher kam er mir vor. Was ist eine Führungskraft? So etwas wie Schwerkraft, Zentrifugalkraft, Atomkraft?
Führung von Menschen soll menschlich sein. Die Führungskraft soll bitte erkennbar (!) ein Mensch sein, der sich als solcher zeigt, der Gefühle hat, vielleicht sogar mal ratlos ist und der um Hilfe bittet. Neuere Forschung zeigt, dass „um Hilfe bitten“ die Beziehung mehr stärkt als dem Anderen Hilfe zu geben.
Ein Führungsmensch sollte in guter, gesunder Verbindung mit sich selbst und den Menschen um ihn herum, insbesondere den von ihm Geführten, sein.
Dies beginnt in der Tat im Innen. Wir sind heute jederzeit mit allen in Verbindung – leider oft außer mit uns selbst. Können wir unsere Gefühle klar und akzeptierend wahrnehmen, können wir sie benennen? Können wir uns selbst beobachten, wie wir durch den Tag gehen, wie wir in Aktionen und Interaktionen mit anderen Menschen auftreten? Weiß ich, was mich trägt und mir Kraft gibt? Was meine unverhandelbaren Werte sind, im Beruf wie im Privatleben gleichermaßen? Bin ich dementsprechend stimmig oder, wie es so gern heißt, „authentisch“? Wie konkret lebe ich meine tragenden Werte? An welchem Handeln können meine Mitarbeiter sie wiedererkennen?
Ein Führungsmensch ist in guter Verbindung mit seinen Leuten, wenn diese gern und freiwillig zu ihm kommen – auch dann, wenn sie nicht gerufen wurden und kein offizieller Termin ansteht. Wenn die Mitarbeiter bereit sind sich zu öffnen und auch über Probleme und Schwächen zu sprechen.
Noch vor wenigen Tagen erzählte mir ein Mann über 40, Polizist, wie sehr er an seinem Chef schätzt, dass dieser ihn stets nach seinen Talenten gefördert habe und ihn so habe sein lassen, wie er nun mal ist. Dies drückt für ihn Wertschätzung, Vertrauen und Zutrauen aus, die der Mitarbeiter dankend wahrnimmt – und in der Regel zurückzahlt.
Soch ein Führungsmensch erkennt, was seine Mitarbeiter brauchen, um sich wohl zu fühlen und optimal einzubringen. Er schafft bzw. unterstützt für die ihm anvertrauten, zu führenden Menschen
* Sinn, einen übergeordneten „Purpose“, für den sie gern und motiviert beitragen – denn Menschen wollen einen Beitrag leisten;
* Sicherheit, sich offen äußern zu dürfen, sein zu dürfen wie sie sind, auch unperfekt, und auch Fehler machen zu dürfen;
* Selbstentwicklung, denn kaum etwas ist motivierender, als festzustellen, dass man in etwas besser wird, das richtig und bedeutsam ist;
* Soziale Gemeinschaft, denn Menschen wollen Teil einer Gruppe sein, brauchen Zugehörigkeit, Verbindung, Rückmeldung anderer.
Dies mögen „Soft Factors“ sein, aber es sind die Punkte, die entscheidend sind. Menschen kommen nicht nur mit einem Kopf zur Abeit, sondern auch mit ihrem Herzen. Und sie folgen ungleich lieber einem Führungsmenschen als einer Führungskraft. Hohes Engagement lässt sich nicht verordnen, es wird freiwillig geschenkt oder verweigert.