Das mutige Pferd

März 22, 2025 SGuenther No comments exist

„Du bist so stark“, bestaunte der Hund das Pferd. „Was war das Mutigste, das du je gesagt hast?“ – „Hilfe!“, antwortete das Pferd. 

Führungsmenschen, die immer stark sein und „alles im Griff“ haben wollen, sabotieren sich selbst. Nicht nur machen sie sich unnötig viel Stress und werden mit dieser Haltung häufig unterperformen. Sie schließen auch die Beiträge anderer Menschen – Kollegen oder Mitarbeiter – aus, die diese bringen könnten und oft auch gern einbringen würden. Damit schließen sie aber auch ein Wachstum und eine Erweiterung der Beziehungen zu diesen aus und gelten schnell als unnahbar, besserwisserisch und eigenbrötlerisch. 

Der Begriff Psychologische Sicherheit bezeichnet die Sicherheit, gegenüber einer Gruppe Risiken einzugehen. Zum Beispiel, indem man unfertige, „wilde“ Ideen äußert, Fehler zugibt, der Mehrheitsmeinung widerspricht, auf Probleme hinweist, die keiner gern sieht, oder aber eben um Hilfe bittet. 

Wir Menschen sind soziale Wesen, meist helfen wir anderen gern, wenn wir dazu eingeladen werden und die Möglichkeit haben. Hingegen hat der fest verinnerlichte Glaubenssatz „Sei stark!“, im Sinne von „Du musst es allein schaffen!“ schon viel Leid und Schaden angerichtet, ganz besonders in Verbindung mit „Sei perfekt!“  

Nicht zufällig hat sich in Studien das (Nicht-)Vorhandensein psychologischer Sicherheit als der Nr. 1-Faktor für ein erfolgreiches Team herausgestellt. Wo sie fehlt, bleiben wichtige Dinge ungesagt, Lernen aus Fehlern findet nicht statt, Ressourcen und die Gruppenintelligenz werden unzureichend genutzt.
Und dennoch ist „Ich habe hier ein Problem, wer könnte mir helfen?“ ein Satz, der vielleicht etwas Übung braucht. 

Vor kurzem hatte ich beruflich die Situation: Das Problem ließ sich nur mit Tools lösen, die ich nicht hatte oder noch nicht beherrschte. Hilfe war schnell gefunden, nicht nur am ersten Tag, sondern auch an Tag zwei engagierten sich die Kollegen für eine Lösung. Mit dem Ergebnis, dass ich danach nicht nur etwas gelernt hatte und meinen weiteren Lernbedarf kannte, sondern auch in neuer Weise und dankbar auf meine Kollegen schaute. 

Das stärkste Pferd braucht hin und wieder Unterstützung. Nur gut, wenn es sich dann traut, um Hilfe zu bitten. 

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